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Beitrag vom 11.09.2009
Yasmin Levy - Sentir
Iella Peter
Mit ihrem vierten Album lässt uns die großartige Sängerin ein weiteres Mal an ihrer musikalischen Vision teilhaben und schafft eine explosive Spannung zwischen der Reinheit des jüdisch-spanischen...
... Ladino und dem feurigen Herzen des Flamenco.
Ladino, die Sprache der sephardischen Juden, ist der Ausgangspunkt von Yasmin Levys musikalischem Schaffen. Entstanden nach der Vertreibung der Juden aus Spanien 1492, wurden die alten Balladen dieses judäo-spanischen Dialekts, heute von weltweit nur noch 200.000 Menschen gesprochen, in der Diaspora über Jahrhunderte hinweg mündlich von Generation zu Generation weitergetragen. Die geographische Streuung der spanisch-jüdischen Gemeinschaften nach Nordafrika, nach Griechenland, auf den Balkan und in die Türkei wird in der musikalischen Vielfalt der Ladino-Volkslieder stark reflektiert.
In der Türkei wurde auch Yasmin Levys Vater geboren, bevor seine Eltern mit ihm 1922 nach Palästina flüchteten, das damals noch unter britischem Mandat stand. Yitzhak Levy, der starb, als seine Tochter ein Jahr alt war, gehörte zu den bekanntesten Forschern der Ladino-Musik weltweit.
Levys größtes Anliegen ist es, der reichen - von ihrem Vater zusammengetragenen - Sammlung traditioneller Ladino-Lieder ein würdiges Andenken zu schaffen. Ihrem Ladino-Herzen verdankt sie wohl auch die Gabe, den wunderbaren Herz und Seele ansprechenden Songs ihres vierten Albums genau die richtige Mischung Flamenco-Feuer beizugeben, um so die beiden unterschiedlichen musikalischen Richtungen virtuos zu vereinen.
In ihrem Debütalbum "Romance And Yasmin" aus 2004 lag der Fokus noch stärker auf türkisch-ladinischen Elementen, womit Yasmin ihrem Vater Yitzhak Levy ein Denkmal setzte. Zwei Jahre später veröffentlichte sie "La Juderia" und experimentierte hier bereits stark mit Flamenco-Klängen. Das Album hatte international einen durchschlagenden Erfolg, und Levy tourte durch die ganze Welt, mit dem wohl krönendsten Auftritt in der New Yorker Carnegie Hall.
Harfenklänge und allzu zarte Töne, die sonst mit den traditionellen Ladino-Balladen verbunden werden, verbannte die 34-jährige aus ihrem Repertoire und ließ stattdessen Trompeten und Flamencomelodien mit einfließen. Grundsätzlich verzichtet Levy in "Sentir" auf verschwenderische Instrumentierung und gibt ihrem leidenschaftlichen Gesang dafür umso mehr Raum, sich zu entfalten.
Mit seinem frischen, jazzigen Touch offenbart der Opener des Albums "Mi Corason" gleich zu Anfang den "Geist" dieses Albums. Eine Prise Schmerz, gepaart mit einer Leichtigkeit, die augenblicklich zum Tanzen verleiten will. Und auch "El Amor Contigo", der folgende Song, ist erfüllt von dieser Leichtigkeit und Lebenslust.
Ein ganz besonderer Song auf "Sentir" ist das, durch die heutige Technologie möglich gemachte, Duett von Yasmin und ihrem Vater. "Una Pastora", ein zu Tränen rührendes Lied, das unter die Haut geht.
Yasmin selbst beschreibt ihr Gefühl zu "Una Pastora" so: "Es ist einer der schönsten Songs, die mein Vater jemals aufgenommen hat. Es war unglaublich aufregend, sich vorzustellen, mit meinem Dad zu singen, aber gleichzeitig war es auch sehr beängstigend...Sein Gesang ist für mich etwas Heiliges, und ich hatte Angst davor, das anzupacken…Bis ich realisiert habe, dass ich nur meine eigenen Ängste überwinden musste".
Mit ihrer Musik versucht Yasmin Levy auch die Verständigung zwischen den Völkern zu fördern und verfasste gemeinsam mit der griechischen Sängerin Eleni Vitaly den Song "Porque". "Ein Song, der uns alle ermutigt, über uns selbst zu reflektieren und darüber, wie wir mit anderen Menschen umgehen", fasst die Stimmvirtuosin zusammen.
AVIVA-Tipp: Yasmin Levy ist mit "Sentir" ein äußerst abwechslungsreiches und lebendiges Album gelungen, das durch die Verwendung sparsamer Instrumentierung, leidenschaftlicher Flamenco-Melodien und schmerzvoller Ladino-Klänge eine ganz besondere Stimmung schafft.
Yasmin Levy im Netz: www.yasminlevy.net
Yasmin Levy
Sentir
Adama Music/ World Village, Oktober 2009
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"Mano Suave" von Yasmin Levy.